Das neue Solarspitzengesetz
– kein Grund zur Panik
14.05.2025 Lesedauer: min Minh Duc Nguyen
Mit dem neuen Solarspitzengesetz soll der Eigenverbrauch von Solarstrom noch attraktiver werden. Wird an sehr sonnigen Tagen mehr Strom produziert, als gebraucht wird, gibt es keine Einspeisevergütung mehr. Anlagenbesitzer*innen müssen aber nicht leer ausgehen. Was das Gesetz sonst noch für Sie bedeutet, erfahren Sie in diesem Artikel.
PhotovoltaikCheck: Potenzial jetzt prüfen
Würde sich Photovoltaik auf Ihrem Dach lohnen? Was bringt ein Speicher in Ihrem Fall? Finden Sie heraus, mit welchen Erträgen Sie rechnen können:
Die wichtigsten Fakten auf einen Blick
- Änderungen vor allem für PV-Anlagen ab dem 25. Februar 2025
- Keine Vergütung bei negativen Strompreisen
- Erstattung für die fehlende Summe 20 Jahre später
- Besitzer*innen alter Anlagen können zur neuen Regelung wechseln
Was ist das Solarspitzengesetz?
Das „Gesetz zur Änderung des Energiewirtschaftsrechts zur Vermeidung von temporären Erzeugungsüberschüssen“, umgangssprachlich auch Solarspitzengesetz genannt, ist am 25. Februar 2025 in Kraft getreten. Es ändert zentrale Regelungen im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) und im Energiewirtschaftsgesetz (EnWG), um die PV-Erzeugung besser ins Stromnetz zu integrieren und Netzengpässe zu vermeiden.
Warum das Gesetz relevant für die Energiewende in Deutschland ist
Deutschland baut massiv Photovoltaik aus – laut EEG-Zielen jährlich 22 Gigawatt Peak, das sind 22.000.000 kWp. Zum Vergleich: Eine PV-Anlage für ein durchschnittliches Einfamilienhaus hat etwa 5 kWp. Doch viele Netze sind nicht für die gleichzeitige hohe Einspeisung aus vielen Anlagen ausgelegt. Das Solarspitzengesetz verhindert Netzüberlastungen, ohne den PV-Ausbau zu bremsen – und zwar durch intelligente Steuerung statt Deckelung. Fakt ist: Die meisten PV-Anlagen produzieren oft zur selben Zeit Strom, den niemand direkt verbraucht. Statt Überschüsse teuer abzuregeln, möchten die Gesetzgeber*innen folgende Aspekte stärken:
- Eigenverbrauch vor Einspeisung und
- steuerbare Komponenten (z. B. Wechselrichter, Speicher)
Was sind die Gründe für das Solarspitzengesetz?
Noch nie wurden in Deutschland so viele Solaranlagen installiert wie in den vergangenen Jahren – auch dank staatlicher Förderung und sinkender Kosten. Nach Angaben der Bundesnetzagentur fiel der Zubau der Solarleistung 2024 mit 16,2 Gigawatt höher aus als im Vergleich zum Vorjahr. Zwei Drittel des Zubaus erfolgte auf Hausdächern oder an Gebäuden und Fassaden, der Rest auf größeren Flächen. Ende 2024 betrug die installierte Solar-Gesamtleistung in Deutschland 99,3 Gigawatt.
Netzüberlastung und Mehrkosten für alle
An besonders sonnigen Tagen erzeugen PV-Anlagen inzwischen mehr Strom, als verbraucht wird – negative Strompreise sind die Folge. Trotz dieser Marktverhältnisse erhielten Betreiber*innen bisher eine feste Einspeisevergütung (zuletzt 8,03 ct/kWh, seit Februar 7,94 ct/kWh für Anlagen bis 10 kWp). Das setzte den Anreiz, dass es sich lohnte, Strom auch dann einzuspeisen, wenn er im Netz nicht gebraucht wird.
Die ungesteuerte Einspeisung großer Strommengen führt jedoch zu Netzüberlastungen und verursacht zusätzliche Kosten für Ausgleichsmaßnahmen. Das Stromsystem muss also flexibler werden – dafür sorgt nun das Solarspitzengesetz.
Bis 2040 Vervierfachung der PV-Leistung vorgesehen
Die installierte PV-Leistung soll laut Gesetz bis 2030 auf 215 GW und bis 2040 auf 400 GW steigen. Damit das funktionieren kann, müssen mehrere Zahnräder ineinandergreifen. Das bedeutet:
- PV-Anlagen müssen stärker in den Markt integriert,
- die Nutzung von Batterspiespeichern und flexiblen Verbrauchern muss ausgebaut,
- und die Stromnetze zeitnah digitalisiert werden.
Was bedeutet das für Betreiber*innen von PV-Anlagen?
Das Solarspitzenpaket betrifft in erster Linie Personen, die ab dem 26. Februar 2025 eine neue PV-Anlage in Betrieb nehmen. Für Betreiber*innen alter Anlagen ändert sich erst einmal nicht viel:
Änderungen für Bestandsanlagen vor dem 25. Februar 2025
Bestehende PV-Anlagen sind von den neuen Regelungen nicht betroffen. Die Einspeisevergütung bleibt bestehen, auch die bisherigen Einspeiseregeln gelten weiter. Die 60-Prozent-Einspeisegrenze gilt nicht. Es gibt auch keine Verpflichtung zum Einsatz von Smart Metern. Anlagenbetreiber*innen haben aber die Möglichkeit, auf freiwilliger Basis zu den neuen Regelungen zu wechseln. Als Anreiz für einen freiwilligen Wechsel erhalten sie eine Vergütungserhöhung von 0,6 ct/kWh.
Änderungen für neue Anlagen ab dem 25. Februar
Die wichtigsten Änderungen für neue PV-Anlagen finden Sie in der obigen Tabelle. Achtung! Bei der „Einspeiseleistungsbegrenzung auf 60 Prozent“ ist die Begrenzung der Einspeiseleistung, nicht die Einspeisemenge gemeint. Nach einer Simulation der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin führt das zu Einspeiseverlusten zwischen 1,1 Prozent (West-Ost-Ausrichtung) und 9,0 Prozent (Südausrichtung). Letzteres dürfte laut Bundesverband Solarwirtschaft e.V. in der Praxis nur bei Volleinspeise-Anlagen mit Südausrichtung auftreten. Die Einschränkung betrifft Anlagenbesitzer*innen also höchstens minimal.
Die zentralen Änderungen im Überblick
Für mehr Informationen bitte scrollen bzw. ziehen
Den Eigenverbrauch durch Stromspeicher oder PV-Heizstab steigern
Ob bestehende oder neue PV-Anlage: Der Eigenverbrauch von Solarstrom wird immer attraktiver, vor allem mit einer intelligenten Regelung. Ist ein Stromspeicher vorhanden, kann man ihn zum Beispiel mit Strom aus dem Netz aufladen, wenn dieser sehr günstig ist. In einem Haushalt mit großem Warmwasserbedarf und großer PV-Anlage kann auch der Einsatz eines PV-Heizstabes sinnvoll sein. Dieser erzeugt mithilfe von Überschussstrom Warmwasser und spart so langfristig Energiekosten. Ausführliche Informationen dazu finden Sie im dazugehörigen Artikel:
Zum Artikel: Heizstab für PV-Überschuss: Kosten, Nutzen und Amortisation
Das Solarspitzenpaket – Nutzen und Hürden
In den sonnigen Monaten erzeugen und speisen PV-Anlagen teilweise so viel Strom ins örtliche Netz ein, dass es teilweise zur Überlastung kommt. Als Gegenmaßnahme werden Anlagen zeitweise abgeriegelt. Sie dürfen also nicht mehr laufen. Das Solarspitzengesetz soll hier Abhilfe schaffen und das Einspeisen in diesen Stunden besser steuern. Konkret sollen Besitzer*innen von PV-Anlagen dazu motiviert werden, den selbst erzeugten Solarstrom möglichst viel zu nutzen – zum Beispiel mithilfe von Stromspeichern und intelligenten Messsystemen wie Smart Metern. Letztere sollen zudem finanziell gefördert und schrittweise ausgebaut werden.
Kosten und Verunsicherung als Hürde
Auch wenn die Preise für Batteriespeicher in den vergangenen Jahren stetig gesunken sind, hält sich deren Verbreitung bisher in Grenzen. Das Gleiche gilt für die Nutzung von Smart Metern: Hier sind die Kosten seit 2025 gesetzlich gedeckelt. Für eine handelsübliche PV-Anlage mit 2-15 kW zahlen Anlagenbesitzer*innen jährlich maximal 50 Euro. Trotzdem sind bislang (Stand April 2025) nur etwas mehr als 50.000 Geräte registriert. Nicht zuletzt herrschen in einigen Teilen der Bevölkerung Unsicherheit und Skepsis gegenüber der Fernsteuerbarkeit intelligenter Anlagen, obwohl Smart Meter in Deutschland so hohen Datenschutzansprüchen genügen müssen wie kaum irgendwo sonst.
Dabei liegen die Vorteile auf der Hand: Mithilfe von Batteriespeichern beispielsweise lässt sich der eigene Solarstrom zeitversetzt nutzen. Smart Meter hingegen ermöglichen die Nutzung dynamischer Stromtarife. Die Idee dahinter ist einfach: Wer den Strom verbraucht, wenn er günstig ist, spart Kosten und entlastet die Stromnetze.
FAQ: Die häufigsten Fragen zum Solarspitzengesetz
Das Solarspitzengesetz trat am 25. Februar 2025 in Kraft. Alle PV-Anlagen, die ab diesem Datum in Betrieb genommen werden, müssen die neuen Regelungen einhalten.
Negative Strompreise sind ein Phänomen, das an der Strombörse auftreten kann. Sie entstehen, wenn das Stromangebot zu einem bestimmten Zeitpunkt höher ist als die Nachfrage – und zwar so deutlich, dass Stromerzeuger Geld zahlen müssen, um ihren Strom ins Netz einspeisen zu dürfen. Mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien treten negative Strompreise immer häufiger auf. Die Zahl der Stunden mit negativen Preisen erreichte im Jahr 2024 mit 457 einen neuen Rekordwert.
Nein.! Für bestehende Anlagen gilt ein Bestandsschutz. Anlagenbetreiber*innen haben die Möglichkeit, freiwillig und mit kleinen finanziellen Anreizen zu den neuen Regelungen zu wechseln.
Ja, allerdings erhalten Anlagenbetreiber*innen für den eingespeisten Strom kein Geld.
Die Preise variieren je nach Ausgangssituation. Wenn der Einbau gesetzlich vorgeschrieben ist, beispielsweise bei einem Jahresstromverbrauch über 6.000 kWh, trägt in der Regel der Messstellenbetreiber die Installationskosten. Für Verbraucher fallen hierbei keine direkten Einbaugebühren an. Möchten Verbraucher*innen freiwillig ein Smart Meter installieren lassen, können einmalige Kosten anfallen. Seit 2025 dürfen Messstellenbetreiber hierfür bis zu 100 Euro verlangen. In der Praxis variieren die Preise jedoch; einige Anbieter berechnen deutlich höhere Beträge.
Jein. Nur Haushalte, die mehr als 6.000 Kilowattstunden Strom pro Jahr verbrauchen, sind verpflichtet, auf Smart Meter umzusteigen. Wer eine Wärmepumpe oder eine Ladestation für E-Autos hat, fällt ebenfalls unter die Pflicht. Betreiber*innen von bestehenden PV-Anlagen können aber jederzeit einen Smart Meter einbauen lassen und diverse Vorteile nutzen, zum Beispiel dynamische Stromtarife oder steigende Energieunabhängigkeit.
Ohne Batteriespeicher ist es schwieriger, den selbst erzeugten Strom optimal zu nutzen. Für alle, die weiterhin Strom ins öffentliche Netz einspeisen, können sich die neuen Regelungen – insbesondere bei negativen Strompreisen – nachteilig auswirken. Ein Speicher bietet mehr Flexibilität und ermöglicht es, den Strom dann zu verwenden, wenn er den größten Nutzen bringt.
Direktvermarktung bedeutet: Strom aus erneuerbaren Energien (EE) wird nicht mehr automatisch vom Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) abgenommen, sondern muss vom Anlagenbetreiber selbst oder durch einen Dienstleister an der Strombörse verkauft werden. Die Direktvermarktung wurde 2012 eingeführt und ist seit 2014 verpflichtend für Anlagen ab 100 Kilowatt Leistung.
Für kleine PV-Anlagen unter 30 kW lohnt sich die Direktvermarktung meist nur unter bestimmten Bedingungen, z. B. bei sehr hohen Strompreisen oder günstigen Angeboten von Direktvermarktern ohne hohe Fixkosten. In vielen Fällen ist die klassische Einspeisevergütung wirtschaftlich sinnvoller – vor allem bei privaten Anlagen mit hohem Eigenverbrauch. Die Entscheidung ist aber immer individuell zu treffen und am besten zusammen mit einer Fachkraft.